Virtuelle Datenbanken für eine nachhaltige Daten- und IT-Strategie

Kontakt: Holger Gast

In einem früheren Post haben wir 5 Gründe aufgezeigt, warum die Unternehmensleitung die Datenbestände im Unternehmen kennen und ihre Struktur im Detail verstehen sollte, um langfristig die richtigen Entscheidungen über die Datenstrategie zu treffen.

Eng damit verbunden ist die Frage der IT-Strategie: Welche der identifizierten Daten werden wie in IT-Systemen verwaltet? Welche werden in Standardsoftware und welche in Individuallösungen abgelegt? Welche können auch weiterhin in der herbrachten Schatten-IT aus Exceltabellen und Accessdatenbanken verbleiben? Wo führt Digitalisierung schnell zu Gewinnen und wo kann sie niedriger priorisiert werden?

Erstellung eines Unternehmensweiten Datenmodells

In Projekten verwenden wir einen Ansatz, den wir als Virtuelle Unternehmensdatenbank bezeichnen. Ausgehend von der Analyse der einzelnen Datenbestände erstellen wir ein übergreifendes Datenbankmodell für das Gesamtunternehmen. Dieses erfasst alle relevanten Informationen und ihre Querbeziehungen so detailliert, dass man darauf aufbauend eine individuelle IT-Gesamtlösung für das Unternehmen erstellen könnte, die alle Daten optimiert, d.h. redundanzfrei und mit optimalen Zugriffswegen für die Mitarbeitenden, abspeichert.

Anders als bei den Ansätzen zu unternehmensweiten Datenbankmodellen aus dem 1990er Jahren geht es also nicht in erster Linie um einen Überblick, der später in Projektdatenbanken präzisiert werden muss. Stattdessen arbeitet das Datenmodell die missionskritischen Daten des Unternehmens direkt in der für eine Realisierung notwendigen Detailtiefe aus. Die heute verfügbaren Tools zur modell-getriebenen Entwicklung vereinfachen dann den Schritt zur tatsächlichem Umsetzung extrem.

Praktisch erstellen wir dazu ein Entity-Relationship-Diagramm (ER-Diagramm). Die Originalnotation von Chen ist auch ohne technische Kenntnisse sofort verständlich. Sie stellt das fachliche Verständnis der gespeicherten Daten in den Vordergrund und fördert durch eine räumliche Anordnung der Datenbankstruktur die Intuition über inhaltliche Zusammenhänge.

Zusätzlich gliedern wir das ER-Diagramm durch Kästen mit Überschriften in Bereiche, die den Grund für die Informationserfassung widerspiegeln, und versehen alle Entitätstypen mit sichtbaren Kommentaren über deren unternehmensweite Bedeutung. So kommen wir schnell zu einem gleichzeitig übergreifenden wie detaillierten Verständnis der missionskritischen Daten im Unternehmen, das mit der Unternehmensleitung und allen Fachleuten abgestimmt ist.

Nutzen für die IT- und Datenstrategie

Anhand der virtuellen Unternehmensdatenbank kann man die Eingangsfragen beantworten: Wo sollen die Daten in Zukunft abgelegt werden? Welche redundanten Speicherorte können wir akzeptieren und ggf. nachführen, welche werden wir vermeiden? Welche IT-Systeme nutzen wir schon oder führen wir neu ein, um im Zusammenspiel alle Bereiche der Virtuellen Unternehmensdatenbank abzudecken?

Darüber hinaus lassen sich aus dem ER-Diagramm aber auch Optimierungspotentiale für die täglichen Arbeitsabläufe herauslesen. Dazu gehen wir der Frage nach: Wo entstehen bestimmte Daten und wo werden sie verwendet? Bei der Entstehung müssen die Mitarbeiter optimal bei der Erfassung unterstützt werden. Beispielsweise sollten Hintergrundinformationen, wie etwa Kunden- oder Bestellungsdaten, angezeigt werden, um Verknüpfungen und Querbeziehungen direkt zu erfassen und Fehleingaben zu vermeiden. Bei der Verwendung geht es darum, alle Informationen für einen Arbeitsschritt auf einem Bildschirm zu haben, anstatt sie aufwändig und fehleranfällig aus verschiedenen Quellen zusammenzusuchen.

Aufbauend auf diese Analyse kann dann die IT-Strategie ausgearbeitet werden. Zum einen kann Standardsoftware ausgewählt und beschafft werden, die auch wirklich alle missionskritischen Daten verarbeiten kann. Die Vollständigkeit des ER-Diagramms hilft dabei, von vornherein den Umfang des notwendigen Customizings richtig einzuschätzen, anstatt, wie es häufig vorkommt, erst im Nachhinein festzustellen, welche Eingabe- und Verarbeitungsmöglichkeiten fehlen und dann unerwartet hohe Projektbudgets zu erhalten.

Optimierung durch Individuallösungen

Sehr häufig lassen sich aber Teile der Virtuellen Unternehmensdatenbank nicht mit Standardsoftware abdecken. Dies ist unserer Erfahrung nach gerade dort der Fall, wo Unternehmen spezielle Kompetenzen haben und eine besonders hohe Wertschöpfung erzielen. Denn an diesen Stellen machen die Unternehmen ja etwas anders als alle anderen Unternehmen, und entsprechend kann es keine fertige Standardlösung geben.

Die Virtuelle Unternehmensdatenbank kann dann als Grundlage für die Erstellung oder Beauftragung einer Individuallösung sein. Sie zeigt, welche Informationen genau abgelegt werden müssen, und darauf aufbauend, wo sie eingegeben und verwendet werden. Die Querbeziehungen zeigen darüber hinaus an, wo Schnittstellen zu Daten in Standardsoftware realisiert werden müssen. Durch die Vollständigkeit und Präzision des Modells wird das Projektrisiko der Softwareerstellung minimiert. Gleichzeitig kann der Fokus auf Benutzerführung und User Experience (UX) gelegt werden, deren Fragen aber bereits mit der Analyse von Datenentstehung und Datenverwendung vorbereitet sind. Zusammenfassend kann so die Individuallösung so umgesetzt werden, dass sie die aktuell gelebten Arbeitsabläufe optimal unterstützt.

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